Kindesunterhalt: BGH zur Anrechnung von Kinderbonus und fiktiven Einkünften
Die Berechnung des Kindesunterhalts erfordert eine genaue Feststellung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Beschluss vom 20. November 2024 (Az.: XII ZB 78/24) zentrale Fragen zur Herabsetzung des notwendigen Selbstbehalts und zur Anrechnung von staatlichen Leistungen geklärt.
I. Die Grenzen der Herabsetzung des Selbstbehalts
Der BGH grenzte die Fälle ab, in denen der notwendige Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen reduziert werden kann.
- Keine Herabsetzung bei einfachen Wohngemeinschaften: Das Gericht stellte klar, dass eine Herabsetzung des Selbstbehalts wegen angenommener Haushaltsersparnisse nicht gerechtfertigt ist, wenn der Unterhaltspflichtige lediglich mit einem Dritten in einer Wohn- oder Haushaltsgemeinschaft lebt.
- Ausnahme bei Ehe oder eheähnlicher Gemeinschaft: Die Herabsetzung ist nur in Betracht zu ziehen, wenn der Unterhaltspflichtige mit einem Ehegatten oder Partner in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammenlebt. Hier wird die Entlastung vermutet, was bei einer reinen Haushaltsgemeinschaft mit einem Dritten (z.B. einem Mitbewohner) fehlt.
II. Fiktive Einkünfte und Kinderbonus
Das Gericht befasste sich zudem mit der Zurechnung von fiktiven Einkünften und der Anrechnung des Kinderbonus:
- Fiktive Einkünfte: Die Zurechnung fiktiver Einkünfte aus einer Nebentätigkeit des Unterhaltspflichtigen wurde im konkreten Fall verneint. Das Gericht prüft hier streng, ob dem Unterhaltspflichtigen die Aufnahme einer Nebentätigkeit zumutbar ist.
- Anrechnung des Kinderbonus: Der im Jahr 2022 gezahlte Kinderbonus ist als Bestandteil des Kindergelds anzusehen ($\S 1612b$ Abs. 1 BGB). Er muss daher bedarfsmindernd angerechnet werden. Bei Betreuung eines minderjährigen Kindes durch einen Elternteil ist der Bonus zur Hälfte auf den Barunterhaltsbedarf anzurechnen.
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III. Fazit
Das Urteil schafft Klarheit für die Berechnung des Kindesunterhalts. Die Reduzierung des Selbstbehalts ist an enge Voraussetzungen gebunden, während staatliche Leistungen wie der Kinderbonus zur Hälfte den Unterhaltsbedarf mindern.
Quellenangabe:
BGH, Beschluss vom 20.11.2024, Az.: XII ZB 78/24 (FamRZ 2025, 442).
$\S 1612b$ Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).